Blackfish City review

Blackfish City von Sam J. Miller

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Blackfish City lässt sich relativ leicht verkaufen. „Es geht um eine Frau, die auf einem Orca, mit einem Eisbären im Schlepptau, in eine auf dem Wasser schwimmende Stadt kommt.“ Das reicht meist. Jetzt wo ich es gelesen habe, weiß ich, dass das Buch mehr als das ist. Logisch, irgendwo, aber Geduld. Ja, es gibt eine Frau, einen Orca und einen Eisbären und vor einiger Zeit wurden „Klimakriege“ geführt. Die Frau kommt auf einem Floß, der Eisbär hat Käfige um sein Maul und seine Tatzen und der Orca schwimmt nebenher. Bis wir die Frau tatsächlich treffen und später kennenlernen, vergeht etwas Zeit.

Das Buch beginnt mit Fill, einem jungen, reichen und relativ ignoranten jungem Mann. Er stellt fest, dass er sich eine sexuell übertragbare Krankheit eingefangen hat. Die sogenannten „Breaks“ zeigen sich in Visionen und Vignetten von Leben, die die Betroffenen nicht erlebt haben. Er ist sich unsicher, wie er damit umgehen soll und findet Zuflucht in einem Radioprogramm namens „City without a Map“. Ankit arbeitet für eine lokale Politikerin. Sie ist gut in ihrem Job. Egal wie wenig Macht die Politikerin in einer von Aktionären und künstlicher Intelligenz geleiteten Stadt auch haben mag, Ankit versucht Gutes zu tun und übertreibt es ein wenig. Kaev hingegen hat sich beinahe abgefunden mit seinem Leben. Er ist ein Schaukämpfer, der dafür bezahlt wird zu verlieren. Seine geistigen Kapazitäten nehmen aus rätselhaften Gründen kontinuierlich ab. Soq ist die letzte im Bunde, sie sind Lieferantin* oder Botin* und es stehen Jobs für eine führende Kriminelle in Aussicht. Die Vier werden aufeinandertreffen und ihr Leben gegenseitig stark beeinflussen. Die Frau mit Orca und Eisbär ist Dreh- und Angelpunkt.

Blackfish City ist Anfangs etwas träge, nimmt dann Fahrt auf und kommt sicher zur Landung. Die Stadt, die auf dem Meer schwimmt, in der Menschen nicht zusammengeschlagen, sondern ins Wasser geworfen werden, ist lebendig und durchaus eine glaubhafte Zukunftsvision. Miller zeichnet mit Hilfe des Radioprogramms „City Without a Map“ eine Gesellschaft, in der der Kapitalismus immer noch regiert und seine Macht in großen Teilen im Verhältnis von Mieter*innen und Vermieter*innen zeigt. Großer Konfliktpunkt sind Wohnungen, die absichtlich leer gehalten werden und Aufenthalt auf der Insel ist nur in den von den Funktionären kontrollierten Wohnungsanlagen möglich. Einst wurden Menschen mit Hilfe von Nanomaschinen mit Tieren verbunden und danach verfolgt und größtenteils ausgelöscht. Kriege haben die Kontinente beinahe unbewohnbar gemacht und die tituläre Stadt ist nicht die erste ihrer Art. Mir kam die Vermittlung des Hintergrundes nie nervig oder langweilig vor, dafür waren die Ideen zu cool. Ich könnte jedoch verstehen, wenn sich Leser*innen an der Menge an Informationen stören.

Als solide, dystopische und fest verankerte Science Fiction möchte ich Blackfish City auf jeden Fall empfehlen. Manchmal erschienen mir die Handlungen der Charaktere etwas ruppig, ich glaube ich hätte sie mit etwas mehr Kennenlernzeit besser nachvollziehen können. Die Verbindungen die sich am Ende ergeben waren dann doch sehr praktisch. Ich bin mir unsicher, da ich das Buch wegen der fantastischen Ideen empfehlen möchte. Die Charaktere sind es weniger, was das Buch so lesenswert macht.

Für mehr Action in futuristischen Städten auf dem Wasser fällt mir noch Company Town von Madeline Ashby ein und für einen Einstieg in die Beziehung zwischen Vermieterinnen und Mieterinnen möchte ich diese Folge des Ashes Ashes Podcast empfehlen. Zusammen ergeben Buch und Podcast einen sehr guten Gedankencocktail.

Ich habe ein Leseexemplar von Blackfish City gelesen. Es gibt das Buch inzwischen als Paperback und jeder gute Buchladen sollte es mindestens für euch bestellen können.

About the Author

Lele

Wurde von einer Horde wilder Otakus aufgezogen und hat sich danach der westlichen Comicwelt gewidmet. Leles Spinnensinn klingelt wann immer jemand fragt „Warum heißt er eigentlich BATman, wenn er doch eigentlich der Gute ist?“. Er bringt eine umfangreiche Erfahrung in der Comicindustrie mit und die teilt er gerne mit jedem, egal ob er nun davon hören will oder nicht. Immer gut gelaunt spezialisiert sich Lele neben den Comics vor Allem auf Musik. Falls es eine japanische Underground-Band gibt, in der 4 Schulmädchen auf Gummihühner die Werke Mozarts nachspielen, so hat Lele schon ein Interview geplant, ein T-Shirt der Band im Schrank und ein Tattoo der Frontsängerin auf seinem Knöchel. „Also ich habe ja die Bücher gelesen…“ – Lele Lucas

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