Willkommen zur 102. Ausgabe vom WEEKLY PLANET! Ich habe alle Brownies aufgegessen, bereite mich mental auf das jugendmediencamp 2019 vor und bin bereit zu schlafen!
Heute gibt es Gedanken zum Thema Scanlations, die auf denen im NERD FEUILLETON aufbauen. Dazu eine Buchbesprechung von Rebecca Roanhorses Trail of Lightning und etwas Lesestoff. Da geht es dann unter Anderem um Cyborgs.
Go!
DRAGONS EAT EVERYTHING UPDATE
- STUTENBISS kommt zurück! Mit einem Zwischenbericht meldet sich das queer-feministische Format in Form eines Podcasts zurück!
- Im 28. NERD FEUILLETON reden Maurice und ich über Game of Thrones, >Observer_ und Scanlations – zu den Scanlations unten mehr
- Der ALL YOU CAN EAT Podcast geht jetzt auch weiter. Kurzfristig zumindest. In diesem Fall mit einem Interview mit Blaue Blume!
- Uuund natürlich darf die Playlist für die 157. ALL YOU CAN EAT Sendung an dieser Stelle nicht fehlen!
Scanlations?
Ohne Scanlations würde ich die Hälfte der Mangas, die ich aktuell lese, nicht kennen. Eine Scanlation ist eine inoffizielle und urheberrechtlich illegale Übersetzung, bei der das Original gescannt und dann mit Hilfe von digitalen Hilfsmitteln übersetzt wird. Der übersetzte Manga wird dann auf diverse Plattformen hochgeladen. Viele dieser Plattformen schalten Werbung auf ihren Seiten und verdienen so Geld, manchmal heißt es sie würden das nur machen, um die Serverkosten zu decken oder die originalen Magazine/Manga zu kaufen. Vielleicht muss noch dazu gesagt werden, dass viele Manga in Japan wöchentlich in Magazinen erscheinen. One Piece beispielsweise erscheint wöchentlich im Shonen Jump. Das Ding ist, als Person die gut Englisch lesen kann, bin ich nicht mehr auf Scanlations angewiesen. Auch, wenn ich mich auf die Deutsche Sprache beschränken würde, wäre es nicht mehr notwendig.
Ich weiß noch genau wann ich damit angefangen habe, auf diese Weise Manga zu entdecken. Die Website hieß Onemanga, der Manga Beck. Ich war in den USA und saß nach der Schule viel rum und habe dann die Zeit damit verbracht, die Manga zu lesen, die ich bisher im Thalia nur durchblättern konnte. Es war großartig. Es gab so viel zu entdecken. Ich habe Gruppen entdeckt, die Manga übersetzten, denen ich Jahre lang gefolgt bin. Der Geschmack dieser Menschen hat den meinen maßgeblich geprägt. Heute kaufe ich die Manga, die ich zuvor online gelesen habe.
Ein moralische Argument für Scanlations existiert nicht. Das Verlangen besteht aus dem Wunsch nach direkter Befriedigung. Es geht darum das neue Kapitel sofort zu lesen und nicht erst auf den ganzen Band warten zu müssen. One Piece war für mich lange ein Beispiel dafür. Jede Woche ein neues Kapitel, aber nur alle paar Monate, in wachsenden Abständen, ein neuer Band auf Deutsch. Das Wissen um das Angebot hat es sicherlich nicht besser gemacht. Inzwischen bin ich nicht mehr auf Scanlations angewiesen, zumindest was One Piece angeht. Shueisha, der Verlag bei dem One Piece erscheint, bietet neue Kapitel relativ zeitnah kostenlos, mit Werbung, auf Manga Plus an. Ich liebe Manga Plus und wünschte Carlsen würde so etwas auch anbieten. Die Bände, die der deutsche Verlag rausbringt, kaufe ich übrigens trotzdem jedes Mal.
Aktuell erscheinen sowohl auf Deutsch, als auch auf Englisch Sammelbände von 20th Century Boys (Naoki Urusawa), einem Manga den ich auch als erstes als Scanlation entdeckt habe. Ich bin hinterher, aber am Ende möchte ich hier auch alle Bände in meinem Regal stehen haben. Zum einen, weil die Story spitze ist, zum anderen weil es ENDLICH geht. Gleiches gilt für Emanon (Kenji Tsurata) und Ran & the Gray World (Aki Irie). Ich habe beide Online entdeckt, vor Jahren gelesen und jauchze jetzt vor Freude, wenn ich sie bestellen kann. Natürlich ist das zum einen ein finanzieller Fall, ich kann mir die Manga leisten. Oder leiste sie mir einfach in vielen Fällen, nach mir die Sinnflut und so. Die andere Seite ist die Möglichkeit sie überhaupt auf Englisch oder, im Fall von Aki Irie auf Deutsch erwerben zu können.
Ich entdecke weiterhin Manga durch Scanlations. Das muss ich zugeben. Gleichzeitig kaufe ich aktuell beinahe mehr Manga als amerikanische Comics. Das macht die eine Sache nicht okay, aber der Versuch, mich zu rechtfertigen, bleibt. Ich glaube dieses Bedürfnis werde ich nie ganz ablegen können. Ich habe auch lieber das physische Buch in den Händen, weil ich den Band dann eher konzentriert lese. Auf dem Bildschirm tendiere ich dazu zu überfliegen. Die Abenteuer von Ruffy und Co verfolge ich über Manga Plus und lese sonst regelmäßig die deutschen Bände zum Frühstück. Aktuell sind sie gerade wieder von der Fischmenscheninsel runter. Der Gedanke, dass Scanlations als Werkzeug für Entdeckung wichtig sind ist für mich sehr interessant. Auch möglich sind diverse Twitter User denen ich wegen ihrer Empfehlungen folge.
Zum Abschluss eine Liste von tollen Manga die aktuell verlegt werden. Ihr könnt sie im Buchhandel oder im Comicladen eures Vertrauens bestellen/erwerben:
- Ran and the Gray World von Aki Irie (via VIZ)
- Go with the Clouds, North-By-Northwest von Aki Irie (VIZ und Carlsen)
- Blank Canvas, My So-Called Artist’s Journey von Akiko Higashimura (via Seven Seas)
- Witch Hat Atelier / Atelier of Witch Hat von Kamome Shirahama (via Kodansha oder Egmont)
Lesestoff
Der Shuffle Modus läuft. Gerade singen Boyfriend Material davon nicht auf eigene Gefühle zu hören.
- „Playdate“ ist sowohl eine kleine gelbe Spielekonsole als auch eine unabhängige Veranstaltungsreihe bei der Spiele vorgestellt werden können. Inzwischen heißt letzteres „Playdate Pop Up“. Warum? Weil eins von einer finanziell sehr gut aufgestellten Firma hergestellt wurde und das andere von einer ehrenamtlichen Gruppe. Nathalie Lawhead ist eine dieser ehrenamtlich arbeitenden Menschen und hat über die Erfahrungen geschrieben, die mit der Namensänderung einhergingen.
- Sie ist außerdem der Kopf hinter dem „Electric Zine Maker“, einer fantastischen Erfindung
- Maggie Siebert schreibt über Avenger: Endgame und darüber, wie lehr das Ganze auf einer gewissen Ebene ist. Es ist ein guter Punkt und es kann nur mein privilegiertes Leben sein, dass mich darüber hinwegsehen lässt…
- Damien Williams mit einem Essay der da heißt: „Heavenly Bodies: Why It Matters That Cyborgs Have Always Been About Disability, Mental Health, and Marginalization“ / Essentielles Lesen für die Cyberpunkmeute
- For the Thirsty Girl stellt spannende Fragen:
If the original iteration of “thirst” was a plunging desperation, this one is an uplifting affirmation. NPR traced its root, “thirst trap,” back to 2011; but Jezebel actually defined the singular “thirst” first in 2014, as lust “for sex, for fame, for approval. It’s unseemly striving for an unrealistic goal, or an unnecessary amount of praise.” This was the definition picked up in 2017 by The New York Times Magazine, imbuing thirst with negativity. But in the intervening years, women got a hold of it. These women, objects for so long within an atmosphere of men’s ambient lust, emerged to twist thirst from a cloying wish into full-bodied desire. Out of the wreckage of male toxicity, they used thirst to mark the men who remained worthy. There’s a reason Theron is still single — few men can step up. What’s more, in a world run by female desire, some are terrified of being left unwanted if they do. (via Soraya Roberts)
Kurze Review: Trail of Lightning von Rebecca Roanhorse
Es vergeht nicht viel Zeit, bis eine schlecht gelaunte Maggie Hoskie einem Monster den Kopf abschlägt. Maggie ist Monsterjägerin. Sie war mal etwas berühmter unterwegs, weil ihr Lehrmeister ein Gott ist. Inzwischen lebt sie alleine, mit zwei Hunden, in einem Trailer und vegetiert vor sich hin. Der Bitte sich um das Monster zu kümmern, dass ein kleines Mädchen entführt hat, kommt sie nur wiederwillig nach. Am Ende des Tages muss aber irgendwie Geld auf den Tisch kommen.
Maggie ist nicht nur Monsterjägerin, sondern besitzt auch noch sogenannte übernatürliche Kräfte, die sie zu einer geborenen Killerin machen. Um sie herum ist vor einiger Zeit die Welt untergegangen. Das große Wasser hat alles außerhalb der Mauer verschlungen. Eine Mauer, die die ehemalige Navajo Reservation gebaut hatte, um sich zum einen Autonomie und zum anderen Sicherheit zu ermöglichen. Die Dinétah haben sich ihr Land zurück erobert, aber mit dem Wandel der Welt sind auch Monster und Götter auf die Erde zurückgekehrt. Das Buch wurde von einer Ureinwohnerin über die Ureinwohner der USA geschrieben. Es lebt und atmet diese Tatsache.
Im Kern ist Trail of Lightning Urban Fantasy. Es gibt eine schlecht gelaunte, aber äußerst fähige Monsterjägerin. Sie hat eine dunkle Vergangenheit und ist sich ihrer Funktion als mordende Tötungsmaschine bewusst, aber sicherlich nicht glücklich damit. Eine muss den Job am Ende machen. Dann sind da ein sehr attraktiver Sidekick, ein alter weiser und sehr freundlicher Mann (Onkel des Sidekicks, der beide verkuppeln will), ein trügerischer Gott und natürlich der ehemalige Lehrmeister. Die Beziehung zu letzterem ist mindestens überspannt. Dennoch widersetzt sich das Buch einiger Klischees und ist in der Erfüllung von Erwartungen nie platt. Roanhorse weiß mit Trauma, Gewalt und Gefühlen umzugehen. Nur zum Ende hin, da wird es etwas ruppig und die Landung gelingt nur mit einem leicht verstauchten Knöchel.
Trotz der wenig idealen Landung habe ich große Lust die Fortsetzung Storm of Locust bald zu lesen. Nachdem Rebecca Roanhorse mit Welcome to Your Authentic Indian Experience™ sowohl einen Hugo als auch einen Nebula Award gewonnen hat, ist sie mit Trail of Lightning erneut auf beiden Listen zu finden. Den Nebula hat sie jedoch nicht bekommen.
Wer Lust auf actiongeladene Fantasy in einem für populäre phantastische Literatur eher untypischen Kontext hat und auch nichts gegen ein wenig Blut hat, sollte auf jeden Fall zugreifen.
Ich habe ein Leseexemplar gelesen, dass ich im Rahmen meiner Arbeit in einem Buchladen bekommen habe. Das buch ist bei Saga Press erschienen und sollte in jeder gut sortierten Buchhandlung, mit englischem Bestand, vorhanden sein. Ansonsten kann die entsprechende Buchhandlung es sicherlich bestellen.
Outro
Das Immergut Festival ist eine fantastische Sache. Sehr freundlich, gute Musik und tolle Menschen machen zusammen ein ehrenamtlich organisiertes Festival mit viel Herz. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an die ALEX Berlin Crew, die mich mitgenommen hat und zugelassen hat, dass ich meine übliche Scheiße vor der Kamera labere. Diverse Interviews und Bildmaterial werden bald im Internet landen. Ohne diese Crew wäre das nie möglich gewesen und sie gehören gefeiert und wertgeschätzt. So lange, bis es ihnen fast zu viel wird.
Also, sagt den Menschen die um euch herum schuften, dass sie ihre Arbeit gut machen. Wenn sie das tun. Sie hören das wahrscheinlich nicht sehr oft. Natürlich macht ihr eure Arbeit auch gut und verdient jede Form von Anerkennung. Ich habe das Zitat vor einer Weile schon einmal benutzt, aber es ist mir noch einmal über den Weg gelaufen.
“If someone talked to you, the way you do to you, I’d put their teeth through. Love yourself.” (via IDLES)
See ya!