Joseph Finks Alice Isn’t Dead dreht sich um die großen und die kleinen Dinge. Es geht um den Hass, der die Menschen verändert und zu Monstern werden lässt. Der nie aufhören wird und immer neuen Nährboden findet. Um die Liebe, die Menschen unmögliches vollbringen lassen. Aber auch um große Leere zwischen den Bundesstaaten der USA, den Strip Malls und ihren Parkplätzen. Alice Isn’t Dead ist ein Buch, dass sich gemütlich in die Horror-Ecke setzt und so zeitgemäß ist, wie ein Buch über eine Frau, die ihre totgeglaubte Frau sucht und dabei von verformten Monstermännern gejagt wird, sein kann.
„Horror in Büchern stelle ich mir schwierig vor“ hieß es letzten Samstag. „So ohne Bilder und so“. Ich hatte das Buch gerade weggelegt, weil ich eine kleine Pause brauchte. Ich glaube Horror ist am Ende ganz simpel. Eine Situation zu schaffen, die in sich beschissen und gruselig ist, das ist nicht schwer. Jede Bedrohung kann gruselig sein, jede ausweglos erscheinende Situation. Was jedoch dazu gehört, sind die Charaktere, um die Mensch sich Sorgen machen kann.
Keisha ist eine solche Person, nicht etwa aus Mitleid. Ganz einfach weil ihre Situation beschissen ist. Ihre Frau ist verschwunden und wurde danach für tot erklärt. Es wurde getrauert und weitergezogen. Dann sieht Keisha sie eines Tages im Fernsehen, Alice starrt direkt in die Kamera. Das führt dazu, dass Keisha einen Job bei der Firma annimmt, bei der ihre Frau zuletzt gearbeitet hat. Sie fährt von nun an als Truckerin durch die Staaten, liefert Deos aus und sucht nach ihrer Frau, von der sie glaubt, dass sie noch lebt.
Hier trifft sie schnell auf Wesen, die sie „Thistle Men“ tauft. Diese Männer sehen unförmig aus, ihre Anatomie passt nicht ganz zusammen und ihnen hängt die Haut dort durch die Gegend wo anderen keine hängt. Sie erscheinen wie Fleischpuppen, denen ein paar wichtige Knochen fehlen. Und da ist er schon der Horror. Kombiniert mit ungeahnten Kräften, beeindruckender Geschwindigkeit und einem Heißhunger auf das menschliche Fleisch sind die „Thistle Men“ Monster die es zu fürchten gilt. Fink schafft es immer wieder die Wesen bedrohlich erscheinen zu lassen, sei es in direkter Konfrontation oder nur peripher. Keisha zieht, trotz ihrer verständlichen Angst und der dazugehörigen Angststörung gegen diese Wesen in den Kampf.
Alice Isn’t Dead ist wie eine Sinus Kurve. Es geht auf und ab. Jede Ruhephase ist logisch, verständlich und durchdacht, sie bietet Raum für das nächste Ereignis, die nächste Phase. Da ist eine junge Frau, die Keisha auf ihrem Weg kennen lernt, die beiden werden „Anxiety Bros“ und sprechen über die Comics der Los Bros Hernandez. Sie haben beide Menschen an die „Thistle Men“ verloren, ihre Wege trennen sich und finden wieder zueinander. Es sind eben diese Kleinigkeiten, die dieses Amerika, das dem unseren nicht so entfernt scheint, so realistisch machen. Die Comics verankern das Ganze fest in unserer Welt und zogen mindestens mich näher heran. Die Tatsache, dass eine Truckerin viel durch die Gegend fährt ist ein praktisches Vehikel (ha!) für die Geschichte, die sich ohne große Pausen ständig fortbewegt.
Alice Isn’t Dead ist zeitgenössisch ohne es sich zu sehr auf die Fahne zu schreiben. Es ist ebenso eine Liebesgeschichte, wie eine Aufforderung die Augen nicht zu verschließen und zu helfen wo es geht. Darin kam mir das Buch nie zu plakativ vor, ich kann aber verstehen, wenn es an manchen Stellen ein kleines bisschen flach erscheint. Ich habe es gerne gelesen und möchte es weiterempfehlen. An die, die Horror etwas abgewinnen können, die Wiederstand gegen das Böse für richtig halten und die, die schöne Sprache erkennen oder wie ich glauben, sie zu erkennen. Es gibt wirklich wundervolle Momente in diesem Buch, ebenso wie verdammt gruselige. Deshalb ist der Podcast auch nichts für mich. Das Buch, das habe ich hinbekommen, aber nicht ohne Atempausen.
Ich durfte ein Leseexemplar von Alice Isn’t Dead lesen. Das Buch erscheint am 30.10.2018 und ihr könnt es in jeder Buchhandlung eurer Wahl vorbestellen.