Als dritter und letzter Teil einer Serie, von der ich nicht genau wusste, ob ich sie tatsächlich verstanden habe, musste das Buch ein paar einfache Erwartungen erfüllen. Es musste im Weltraum stattfinden, weiterhin so vielfältige und tolle Charaktere beherbergen und ebenso umsichtig sein wie die vorherigen. Ich kann ohne Vorbehalt bestätigen, dass alle drei Punkte erfolgreich abgehakt wurden.
“You know what’s going on, right?” Ninefox Gambit asks. Often, you have to say, “Uh, yeah, of course,” when the real answer is “I have no idea, but I really, really care.” And then you keep reading. via Strange Horizons
Worum geht es? Jedao wacht in einem neuen Körper auf, er verspürt immense Zuneigung und Treue zu Kujen, einem Tyrann, der den ehemaligen meisterhaften General Jedao für seine finsteren Zwecke nutzt. Dann ist da Cheris, auf der Jagd nach den Beiden. Und Brezan, der sich in seiner neuen Rolle als Herrscher über eine blutjunge Gesellschaft zurechtfinden muss. Alle haben sie in den vorangegangenen Büchern miteinander zu tun gehabt. Kujen ist als Bösewicht etabliert, Jedao hat mal im Kopf von Cheris gewohnt und tut es zum Teil immer noch. Nur gibt es jetzt zwei davon. Am Anfang war ich etwas verwirrt.
Keines der drei Bücher von Yoon Ha Lee ist einfach. Zum Glück passt das Zitat von dort oben hier. Ich weiß vielleicht nicht genau wer oder was hier gerade von statten geht, aber ich weiß es ist wichtig. Und ich habe das Vokabular, um mich in dieser Welt zu bewegen. Yoon Ha Lee hat ein faszinierende und sonderbare Welt voller Tiefe geschaffen. Hier gibt es Servitoren, also „Hilfsroboter“, die unbemerkt von den meisten Menschen ihre eigenen Gesetze und Ziele haben. Raumschiffe haben variables Design, das heißt ihre Gänge sind ein wenig wie die von Hogwarts, wer an den richtigen Ort denkt, kommt sofort dort an. Brezan beschwert sich am Anfang der Geschichte über den Druck den sein Binder auslöst. Menschen sind in, ohne es besser übersetzen oder beschreiben zu können, „Womenform“, „Menform“ oder dazwischen. Personen haben mehrere Parter*innen. Hier ist so viel zu bewundern, zu entdecken. Und es kommt so anstrengungslos, so locker herüber.
Revenant Gun dreht sich viel um Persönlichkeit. Wer darf eine eigene haben? Wie viel eigene Agenda ist möglich und erlaubt, wenn alle ein festes Bild von dir haben, du dieses aber nicht kennst? Es geht um Abhängigkeit, um Manipulation, um Altlasten und um einen Versuch es besser zu machen. Lee geht diese Themen mit angemessenem Respekt an und schafft es Sympathien auf- und abebben zu lassen. Er dreht Erwartungen um und landet auch das Ende mit Leichtigkeit.
Ich möchte Revenant Gun, und die vorangegangenen Ninefox Gambit und Raven Strategem stark empfehlen. Es ist harte Sci-Fi, absurd wirkende Konzepte und Ideen reihen sich so aneinander, dass Andy Weir (The Martian, Artemis) Kopfschmerzen bekommen würde. Dennoch passt alles wundervoll zusammen, wie ein Puzzle mit 150 Teilen. Wer sich darauf einlassen kann, wen Formationen, Mathematik und eine grobe Dosis Gewalt nicht abschrecken, wird mit einer Reihe von abgefahrenen, sehr guten und tiefgründigen Büchern belohnt.
Revenant Gun ist bei Solaris erschienen. Aus Gründen weiß ich, dass es am Mittwoch im Kulturkaufhaus noch welche gab. Jeder andere Buchladen sollte das Buch innerhalb von zwei Wochen da haben. Bitte macht das an Stelle von Amazonien, die sind doof.
Ich habe meine physische Kopie des Buches selbst gekauft und ein digitales Leseexemplar via NetGalley erhalten.