Ein Stutenbiss über Deborah Feldman – WEEKLY PLANET #88

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Heute wird ein wenig philosophiert und Paula hat sich für den Stutenbiss der Woche mit Deborah Feldman auseinandergesetzt. Dazu wie immer eine kleine Sammlung von Lesestoff und schöne Bilder. Alles was das Internet schön macht. Bäm!

DRAGONS EAT EVERYTHING UPDATE

Im NINJA PIRATE BROADCAST am Freitag haben Maurice und ich über zwei Shows auf Netflix (Titans & Sex Education) und einen neuen Trailer für Spider-Man: Far From Home gesprochen. Vom Trailer sind wir zu 50% begeistert, Sex Education fand ich super und Maurice ist skeptisch was Titans angeht. Auf der ALL YOU CAN EAT Seite gibt es ein Interview von 2014 (!) mit der wundervollen Band Hinds.

via Torii Kotondo
Gedanken über Sex Education (SPOILER!)

Sex Education ist eine Show bei Netflix. Sie ist sehr cool und hat mir einen wundervollen Montagabend beschert. Sie geht respektvoll mit ihren Themen um, hat Raum für straighte und queere Paare, scheut nicht vor Dunkelheit und ist dennoch fest in bekannten Ritualen verankert.

Im Kern der Show ist unter anderem eine „Will they won’t they“ Dynamik die sich in der ersten Folge abzeichnet und dann konstant vorhanden ist. Sie ist tragisch und sowohl in den Handlungen der Charaktere zu finden als auch im bewussten Timing der Show. Begebenheiten passieren natürlich zeitlich so, dass sie sich beeinflussen. Das ist vielleicht der einzige große Kritikpunkt den ich an der Serie habe. Sie endet sehr offen, mit viel Hoffnung auf eine Fortsetzung, ruht sich darauf aber nicht aus. Wenn klar ist, dass es irgendwann nach den acht Folgen noch weiter geht, dann könnte ein Ende mit einer gewissen Ruhe stattfinden. So überschlagen sich die Ereignisse, alle stellen gleichzeitig fest was sie wirklich fühlen, teilweise sind die Gefühle nicht nachvollziehbar und dann ist die Show einfach vorbei.

Ein bisschen habe ich mich schon geärgert. Die Show macht vieles richtig, hat sich aber zu viel auf den Teller gelegt. Das Ende stellt mich nicht zufrieden. Das ist okay, ich kann das kaum von jeder Serie erwarten und es wäre unfair gegenüber den Charakteren ihnen meine Wünsche aufzuzwingen. Aber dass ich diese habe spricht für diese Show. Ich möchte, dass sie alle glücklich werden.

Pshhhhhh, als ob.

via Shirato Sanpei
Lesestoff

Ich wechsle jeden Tag zwischen dem neuen Album von The Twilight Sad „IT WONT BE LIKE THIS ALL THE TIME“, das auf eine unverständliche Art und Weise zu mir spricht und „Happiness Hours“ von den Sidekicks. Fest verankert hat sich in den letzten Tagen auch Slothrust. Da habe ich nur zwei ältere Alben, die es aber in sich haben.

via Shirato Sanpei
Der Stutenbiss der Woche, heute mit Deborah Feldman.
Paula Georgi

Deborah Feldman – Unorthodox

Deborah Feldman wuchs im New Yorker Stadtteil Williamsburg als chassdische Jüdin auf. Als sie ihre Gemeinde verließ, regelrecht floh, und darüber ein Buch schrieb, löste das einen Skandal aus.

Den Chadissmus zu erklären ist recht komplex, ich empfehle Deborah Feldmanns Vortrag im Rahmen des KörberForum. Nur soviel: Die Gemeinde lebt sehr abgeschottet und versucht mit immer strengeren Ritualen, den Zorn Gottes zu mildern. Insbesondere für Frauen beinhaltet das eine strenge Kleiderordnung (Perücken, blickdichte Strümpfe auch im Sommer, keine Jeans), eine Antikörperpolitik (nicht einmal sich selbst nackt im Spiegel ansehen) und keine freie Partnerwahl (arrangierte Ehe mit 17). Die New Yorker Gemeinde gründete sich hauptsächlich aus ost-europäischen Holocaust- Überlebenden.

Deborah Feldman beschreibt ihre Kindheit und Jugend eindrucksvoll. Nebenbei erklärt sie zahlreiche Elemente des (chassidischen) Judentums. Sie merkt früh, dass sie anders ist, denn sie wächst bei ihren Großeltern auf und sieht ihre Eltern nur sporadisch. Der Vater ist alkoholkrank, die Mutter hat die Gemeinde verlassen. Die junge Deborah flüchtet sich in die verbotene Welt der englischsprachigen Bücher. Sie besorgt sich einen Bibliotheksausweis und flieht in einer Art inneres Exil: Nach außen hin ist sie die brave Jüdin und Enkeltochter, aber im inneren hinterfragt sie mehr und mehr die Bräuche und sehnt sich nach einer ausfüllenden Aufgabe jenseits von Haushalt und Mutterschaft. Ohne ein Zeichen des Aufbegehrens fügt sie sich in eine Heirat und bekommt pflichtbewusst ein Kind. Nach der Schwangerschaft nimmt sie aber heimlich die Pille und schreibt sich im College für Literatur ein.

Unorthodox zeigt die Macht der Bücher, wie sie den Geist eines jungen Mädchens anregen können und die fiktiven Figuren ihr Halt geben. Da sind zum Beispiel die jungen Frauen bei Jane Austen deren Glück ebenfalls von gut geschmiedeten Hochzeiten abhängt. Deborah Feldman folgt nicht einfach der Masse, sie hinterfragt Rituale. Sie fragt sich warum der Mann Spaß am Sex hat, sie als Frau hingegen Schmerzen ertragen muss. Ganz unabhängig vom religiös geprägten Kontext ist das Buch eine Gegenrede gegen restriktive Körperpolitiken und für einen offenen und ehelichen Umgang miteinander.

Heute lebt Deborah Feldman mit ihrem Sohn in Berlin und hat 2017 mit Überbitten ein weiteres autobiographisches Buch veröffentlicht.

via Fiona Hsieh
Outro

Ich brauche mehr Snacks in meinem Leben. Zum Glück habe ich immer noch was vom Weihnachtsstollen übrig. Der wird jetzt gegessen. Und dann debattiere ich mit mir selbst, ob ich mein Buch weiter lese, ein anderes anfange oder kopfüber ins Internet eintauche bis es Zeit fürs Bett ist. Gestern Abend wurden zahlreiche Fotos über einer Flasche Devils Cut und einem oder zwei Bier geschossen. Die Vorfreude ist groß.

Hey, wenn DU Lust hast für diese kleine Publikation etwas über eine Sache, die dir wichtig ist, zu schreiben. Dann sag Bescheid. Hier ist Platz!

Das Bild ganz oben kommt von hier.

About the Author

Lele

Wurde von einer Horde wilder Otakus aufgezogen und hat sich danach der westlichen Comicwelt gewidmet. Leles Spinnensinn klingelt wann immer jemand fragt „Warum heißt er eigentlich BATman, wenn er doch eigentlich der Gute ist?“. Er bringt eine umfangreiche Erfahrung in der Comicindustrie mit und die teilt er gerne mit jedem, egal ob er nun davon hören will oder nicht. Immer gut gelaunt spezialisiert sich Lele neben den Comics vor Allem auf Musik. Falls es eine japanische Underground-Band gibt, in der 4 Schulmädchen auf Gummihühner die Werke Mozarts nachspielen, so hat Lele schon ein Interview geplant, ein T-Shirt der Band im Schrank und ein Tattoo der Frontsängerin auf seinem Knöchel. „Also ich habe ja die Bücher gelesen…“ – Lele Lucas

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