„That one Difference between animals and humans is that humans rarely admit to themselves what it is they really want.“
Summerland war mir erst suspekt. Dann habe ich ein, zwei Reviews gelesen und gedacht, ja, das könnte was für mich sein. „How do you catch a spy who’s already dead?“ ist die Catchphrase auf dem Leseexemplar. Eine gute Frage, Summerland beantwortet sie.
Summerland ist ein Ort für die Geister der Toten. Es gibt Tickets mit denen Menschen nach Summerland kommen, wenn sie tot sind. Hier können sie beinahe parallel zu den Lebenden arbeiten und ihre Zeit verbringen. Kontakt zu Lebenden geht über Menschen, welche die Geister gegen Geld in sich aufnehmen. Dafür gibt es besondere Konstruktionen. Rachel White ist Agentin des „Winter Courts“, dem britischen Geheimdienst auf der Seite der Lebenden. Das britische Königreich befindet sich im kalten Krieg mit der Sovietunion. Peter Bloom ist Agent für den „Summer Court“, das Äquivalent auf der Seite der Toten. Bloom ist Doppelagent, Rachel erfährt das in den ersten zwei Kapiteln und ist ihm fort an auf den Fersen.
Als Ort ist Summerland durchaus faszinierend. Geister, die irgendwann verschwinden, hinterlassen einen Seelenstein. Die Stadt in Summerland ist aus diesen Steinen erbaut. Wer sie gebaut hat ist unklar. Ebenso warum findige Wissenschaftler sie verlassen aufgefunden haben. Hier können die ehemalig Lebendigen ihre Umgebung frei mit Hilfe ihrer Geisteskraft gestalten. Es gibt eine ganze Parallelgesellschaft der Toten, inklusive Dienstleistung, und Tourismus. Die Soviets gehen das Ganze ein bisschen anders an. Wer stirbt und würdig erachtet wird, wird Teil der „Presence“, einer Art kollektivem Supercomputer. Abgefahrenes Zeug.
In diversen Reviews ist bereits die Rede von den Büchern die Hannu Rajaniemi vorher geschrieben hat. Ich steige mit Summerland auf den Wagen auf. Und Summerland ist nicht ganz einfach. Da sind Ectophones für die Kommunikation mit den Toten/Lebenden, da ist Vim, eine Flüssigkeit (?) die Geister davon abhält zu verschwinden und nichts davon wird explizit erklärt. Summerland ist ein bisschen wie eine Fahrt auf der Geisterbahn, einmal drauf und es geht los. Da ist nichts mit Erklärungen oder dergleichen, das ist hier einfach so. Für mich hat das funktioniert, für andere nicht. Von Technikalitäten abgesehen macht Summerland wundervoll viele Fragen auf. Was, wenn die Queen nie richtig stirbt? Wenn der Boss einer Firma diese nie aus der Hand geben muss? Wenn ein zweites Leben ein Faktor wird, der nicht unabhängig von Reichtum ist? Bewegt sich eine Gesellschaft dann eigentlich noch vorwärts?
Der kalte Krieg ist nicht sehr freundlich zu Rachel White, die prompt degradiert wird, nachdem sie bei den Ermittlungen gegen Peter Bloom um offizielle Hilfe sucht. Der ist anscheinend so gut vernetzt, dass sie der „Hysterie“ (quasi) beschuldigt wird und zurück zu den Akten darf. Sie macht sich daraufhin inoffiziell ans Werk, findet Verbündete und ist dem Doppelagenten zügig auf der Spur. Es folgt eine spannende Spionage Geschichte. Angereichert mit Fragen über Krieg, grausamen Waffen und dem einen oder anderen moralischen Dilemma ist Summerland eine runde Sache.
Der Einstieg mag etwas schwierig sein. Und was ist eigentlich mit Deutschland und den USA? Was macht der Rest der Welt? Es kam mir ein wenig vor, als ob nur Großbritannien und die Sovietunion auf dem Spielplatz zu Gange wären. Charaktere sind nachvollziehbar und realistisch, ihre Motivationen sinnvoll und verständlich. Die Welt die Rajaniemi beschreibt erscheint lebendig und sehr regnerisch. Summerland ist erstaunlich kurz und in sich geschlossen. Dafür bin ich dankbar. Das Ende kommt weder hektisch noch unüberlegt daher und ich war wirklich froh ein in sich geschlossenes Buch gelesen zu haben.
Wer den Sprung ins kalte Wasser mag oder nicht alles verstehen muss, sich den Rest einfach selbst ausdenkt, kann an Summerland viel Spaß haben. Das Buch sprüht vor Ideen und macht als Spionagethriller eine Menge Spaß. Spannend ist es auch, innovativ mindestens. Es ist ein Buch, dass Ideen zu Hauf hat und sie gezielt und bewusst einsetzt, eine gute Sache.
Ich habe ein Leseexemplar gelesen. Gute Buchläden haben Summerland von Hannu Rajaniemi im Sortiment, andere können es bestellen. Das Buch ist bei Orion Books erschienen.