Hi! Willkommen zu einer weiteren Ausgabe vom WEEKLY PLANET! Heute mit dem üblichen Update, einem Artikel über schwule Giraffen, Gedanken zu Hanni und Nanni und einer Buchbesprechung. Schnallt euch an, pustet den Dampf vom Tee und steigt ein!
DRAGONS EAT EVERYTHING UPDATE
Im ANDEREN MITTWOCH gab es neue Mukke von diversen fantastischen Bands. Besonders verliebt bin ich in das neue Martha Album. Im NINJA PIRATE BROADCAST haben wir uns über die Subscribe, Love, Death & Robots und SciFi Autorinnen unterhalten. Oh und ich habe es geschafft, nach langer Pause, mal wieder ein ALL YOU CAN EAT Interview aus der Vergangenheit hochzuladen. In diesem Fall habe ich 2014 mit Corinna von Yalta Club gesprochen.
Annihilation von Jeff Vandermeer
Area X besteht seit einigen Jahren, diverse Expeditionen haben das sonderbare Gebiet untersucht, besucht und sind meistens nicht zurück gekehrt. Annihilation ist der Bericht einer Biologin, die zusammen mit einer Psychologin, einer Anthropologin und einer Vermessungsexpertin Teil einer neuen Expedition ist. Es geht darum herauszufinden, was in dem Gebiet überhaupt los ist. Zuvor war ihr Mann Teil einer der Expeditionen gewesen, kehrte zurück und starb kurz darauf an einer aggressiven Krebserkrankung. Area X ist eine bizarre Angelegenheit. Ein Gebiet, dass sich die Natur zurück erobert hat, in dem sonderbares Geflecht wächst und in dem ein Turm steht der lebendig erscheint. Die Biologin führt vorsichtig durch die Geschehnisse, die schnell gefährlich werden. Es wird manipuliert, es werden sonderbare Sporen eingeatmet und ein sonderbares, regelmäßiges Klagegeräusch aus einem nahen Sumpf macht die generelle Situation nicht angenehmer.
Jeff Vandermeer baut eine faszinierende und drückende Atmosphäre auf, die bis zum Ende anhält. Er mag mehr Fragen stehen zu lassen, als er beantwortet. Aber dafür gibt es wohl die beiden nächsten Teile Authority und Acceptance. Die Art und Weise wie Area X fremd und gleichzeitig nur Natur ist, hat mich beeindruckt. Offenbarungen lassen nicht lange auf sich warten und unsere Biologin muss so einiges durchmachen. Ich habe das Buch absichtlich größtenteils am Frühstückstisch gelesen. Es gibt einen Netflix Film, den ich mir vielleicht anschauen werde. Er sieht deutlich militärischer aus, als es das Buch ist.
Annihilation ist in meiner Ausgabe 191 Seiten lang, liest sich gut und flüssig, zeigt Natur in einer bizarren und unheimlichen Form und hat Atmosphäre für zehn Bücher. Es ist hiermit empfohlen.
Ich habe eine Leseexemplar gelesen. Das Buch ist auch bereits auf Deutsch erschienen. Jede gute Buchhandlung hat es spätestens seit dem Film im Bestand.
Stutenbiss der Woche: Hanni und Nanni
von Paula Georgi
Jetzt alle mitsingen: „Ja das sind sie Hanni und Nanni, jeder mag sie und das hat seinen Grund“.
Vielleicht habt ihr als Kinder den Anime im Fernsehen gesehen oder die Hörspiele gehört, vielleicht ward ihr Leseratt:innen und habt die Bücher gelesen. Letztere habe ich zuletzt wieder in Hand genommen und was soll ich sagen. Ich habe gelacht, ich habe wütend geatmet und habe mich wollig in meinen Kindheitserinnerungen gesuhlt.
Hanni und Nanni Sullivan sind Zwillinge und werden zu Beginn der Serie auf das Internat Lindenhof geschickt. „Eine vernünftige“ Schule soll es für die Zwölfjährigen endlich sein. Ohne Dienstmädchen, dafür mit gutem Französischunterricht und vielen Handballmatches. Enid Blyton hat die englischen Originale in den 1940ern verfasst, für die deutsche Übersetzung wird die Handlung in die 1960er Jahre versetzt und es gibt kaum Hinweise auf den britischen Handlungsort.
Es werden Geschichten mit fast nur Frauen und Mädchen als handelnde Personen erzählt, die alle verschiedene Typen sind. Die Mädchen haben jede Menge Unsinn im Kopf, spielen ihren Lehrerinnen Streiche und feiern heimliche Mitternachtspartys im Schwimmbad. Besonders die Zwillinge haben einen großen Gerechtigkeitssinn und setzen sich immer wieder für ihre Mitschülerinnen ein, wenn diese Probleme haben oder machen. Eigenschaften wie Hochmut, Neid, Eitelkeit werden in Lindenhof abgelehnt. Da gehe ich auch mit. Aber die Schülerinnen sollen vernünftig sein. Doch was ist dieses Vernünftig? Sie sollen sich der Gemeinschaft anpassen und den Regeln unterordnen. Dazu kommt, dass Emotionalität in Form von Weinen und Wut oft sehr negativ bewertet wird.
Die Mädchen sollen lernen Verantwortung zu übernehmen und den Wert von Arbeit zu schätzen. Daher übernehmen die jüngeren Arbeit für die älteren und müssen auf Befehl Feuer machen, Kaffee kochen und Schuhe putzen. Dadurch wird wieder ein „Upstairs-Downstairs-Prinzip“ etabliert, da die älteren offenbar ihre Lektionen nicht nachhaltig verinnerlicht haben und die jüngeren oft ungehalten herumscheuchen und genervt sind, wenn diese keine Ahnung haben wie sie einen Ofen anzünden sollen. Das geht soweit das ein Mädchen von ihrer Klasse selbst als „Schande für die gesamte Klasse“ bezeichnet wird, anstatt das ihr in Ruhe jemensch hilft.
Es ist also auch in den deutschen Bearbeitungen die deutliche anglikanische Moral der 1940er zu finden. Hinzu kommt, dass die 1960er in Westdeutschland jetzt auch kein Paradies für freie feministische Erziehung war.
Doch es geht eben auch viel um Gerechtigkeit. Insbesondere die Lehrerinnen werden als gütig dargestellt, die anstatt eine harte Strafe zu verhängen nach den Ursachen für die Probleme der Mädchen suchen und die Klassenkameradinnen dazu ermuntern einander zu helfen. Zudem sind diese Autoritätspersonen in der Lage zu lernen und sich auch für falsche Entscheidungen zu entschuldigen und diese zu revidieren. Darum zitiere ich zur Bewertung nicht die Französisch Lehrerin Mamsell mit ihrem Lieblingswort „füüürchterlisch“ sondern frei nach Klassensprecherin Hilda Wentworth „Hanni und Nanni sind schon feine Kerle“.
Anime Intro
Hanni und Nanni via Wikipedia
Lesestoff
- Zwei faszinierende Einblicke in die Art und Weise wie Nazis sich an Nerds im Internet ranmachen und welche rhetorischen Mittel sie dabei verwenden. Achtung, die Bilder sind nicht unbedingt unkommentiert für die Arbeit geeignet.
- Warum Giraffen größtenteils homosexuell sind.
- Bret Easton Ellis (American Psycho) hat ein neues Buch geschrieben. Andrea Long Chu schreibt darüber und nimmt das Buch auf wundervolle Art und Weise auseinander. Es ist großartig!
- Good on Paper dreht sich um die Zeit, die wir mit Büchern verbringen und wie diese Zeit in unser Leben passt.
The trick is not merely to ease conditions of labor to make space for reading, and to cordon off reading as a specific kind of leisure, but to resist the urge to ask reading to show for itself, and instead leave people to work out their distances from and intimacies with books over the course of an entire life.
Outro
Es ist überraschend schön da draußen. Als Erfahrungsbericht für das heutige Wochenende möchte ich das hervorheben. Danke fürs Lesen, habt eine wundervolle Woche und lasst euch nicht ärgern! Oh und empfehlt den Newsletter sehr gerne weiter. Die 20 Abbonent*innen würde ich dieses Jahr schon gerne knacken. Und für dieses gigantische Ziel braucht es nur noch zwei bis drei weitere Menschen!